Merkmale
Grundlegende Ausdrucksform des Wabi Sabi ist deren schlichte, kunstlose, etwas bäuerlich und grob in ihrer Oberfläche anmutenden Art, die oftmals in ihren Charakterzügen als einfach, anspruchslos und aus Naturmaterialien bestehend , als primitiv bezeichnet wird.
Der Begriff des Wabi Sabi setzt sich zusammen aus den Wörtern Wabi und Sabi mit jeweils unterschiedlichen inhaltlichen Bedeutungen.
Wabi steht für Trübsal des Lebens allein in der Natur, fern der Gesellschaft und drückt einen niedergeschlagenen und freudlosen Gemütszustand aus und zugleich das Innere, welches ein philosophisches Gebäude, eine Lebensweise und geistigen Pfad beschreibt.
Sabi hingegen steht für das Fröstelnde, Abgezehrte oder Verwelkte und verweist auf das körperlich fassbare, objektive ästhetische Ideal.
Diese Bedeutungen, erst negativ behaftet, entwickeln sich schließlich in eine Möglichkeit, um geistigen Reichtum zu erlangen durch den Verzicht auf überflüssigen Protz durch Prunk und die Besinnung auf bescheidene Wertigkeit.
Es wird eine Anmutung angestrebt, die bewusst auf eine ausgeprägt, figürliche Interpretation verzichtet.
Stattdessen wird eine Asymmetrie, Unvollständigkeit, Formlosigkeit und raue Einfachheit hoch geschätzt.
Ganz im Gegensatz zur üblichen Verfeinerung, Symmetrie und Makellosigkeit des westlichen Schönheitsideals.
Eine genauere Definition und Bestimmung Merkmale wird später in unter Anwendung in der Bonsai Gestaltung, genauer vorgenommen.
Auf einer metaphysischen Ebene betrachtet, reflektiert die Ästhetik des Wabi Sabi in der Natur sich vollziehende Abläufe wieder, die von Aufbau und Zerfall der Materie.
Es ist die zeitliche Spiegelung der inneren Dynamik, die nicht-zeitliche Struktur des NICHTS, als Ausdruck des Prozesses des Hineinziehens und Entfaltens.
Es kommt zum Verschwinden der äußeren Form und Hervortreten der inneren Werte.
Als Beispiel kann der Wandel von junger Unerfahrenheit zu alter Weisheit, vom oberflächlichen Äußeren zum substantiellen Inneren, vom materiellem Körper zum spirituellen Geist, aufgeführt werden.
Der Jüngling wandelt sich zum Greis, der erste Schein wird zum Sein und der Religionsführer zum seelischen Beistand.
Zur Verdeutlichung die Abbildungen den Weg begleitende Grenzsteine und deren Veränderung.
Materialien des Wabi Sabi
Wabi Sabi – Objekte sind Ausdruck erstarrter Zeit und aus Materialien hergestellt, denen die Einwirkung der Witterung und menschlichen Behandlung deutlich anzumerken ist.
Sie registrieren Sonne, Wind, Regen, Hitze und Kälte, indem sie sich verfärben, rosten, anlaufen, Flecken bekommen, sich verziehen, einlaufen, schrumpfen und rissig werden.
Ihre Kerben, Kratzer, Druckstellen, Schrammen, Dellen, Abblätterungen und andere Formen der Abnutzung sind Zeugnis der Geschichte ihrer Behandlung und Misshandlung.
Es ist weder wichtig welche Wertigkeit ihre Materialien besitzen, wie sie hergestellt wurden, noch wer die Objekte erschaffen hat.
Diese Aspekte treten bewusst in den Hintergrund und wollen unsichtbar oder anonym im Hintergrund bleiben. Eine Signatur oder anderweitige Kennzeichnung wird auf ein Minimum reduziert.
Allein ihr Bestehen verleiht ihnen Autorität und Präsenz, ohne in den Vordergrund drängen zu wollen.
Ihnen ist die Nähe zum ursprünglichen Material und dessen Naturzustand noch anzumerken mit dessen Eigenschaften und stofflichen Qualitäten.
Gerade diese werden auf sehr subtile Weise zum Ausdruck gebracht und unterstützen durch ihre rauen, ursprünglichen Oberflächen eine sehr sinnliche Akzeptanzbereitschaft und fordern gerade dazu auf, berührt zu werden.
Dieses begründet, dass überwiegend natürliche Materialien wie Holz, Stein, Metall, und ihre artverwandten Rohstoffe eine Verwendung finden.
Die Anwendung in der Gestaltung und Bonsai
Wesentlicher Bestandteil ist die auf den Buddhismus basierende Zen Philosophie.
Deren Integration wird durch die Reduktion auf das Wesentliche ausgedrückt.
Synonyme wie:
Asymmetrie,
Einfachheit,
strenge Sublimität, also die Reduktion auf das Wesentliche
Natürlichkeit
Subtile Tiefe, Raum, versteckte Qualitäten
Respekt und Ehrfurcht vor der Natur
Freiheit von der Bindung des Orthodoxen oder Allgemeingut
Ruhe
Perfektion der Unregelmäßigkeit
farblos gedämpfte Natur Farben wie Kohlengrau, grünlichem Aschgrau, Erdbraun
Wechsel von Licht und Schatten
beschreiben am besten dieser Gestaltung zugrunde liegenden Attribute.
"Wie weit man auch blickt
Weder Blüten noch leuchtend verfärbtes Ahornlaub
Am Ufer
Nur eine riedgedeckte Hütte
In der herbstlichen Abenddämmerung"
Anwendung
Natürliche Struktur von Holz erhalten oder verstärken
Verwenden von natürlichen Konservierungsmethoden
Gebrauchs Abnutzung (Patina) beachten und zulassen
Verwendung von organischen Materialien
Kunststoffe vermeiden
Oberflächen haptisch interessant gestalten
Vorteile
Gesteigerte, sinnliche Materialanmutung die unserem Bedürfnis nach Stimulierung der 12 Sinne, wie in einem vorherigen Blogbeitrag beschrieben, entspricht.
stimulierend Haptik
Neuartige Designanmutung
Menschliches Design
Verbindung aus europäischer und asiatischer Ästhetik weckt Interesse
hoher Emotionaler Wert
Identifikation mit dem Gegenstand
Erhalt von Unperfektion, Fehlern und Unregelmäßigkeit
Beispiele
Ein Fehler kann ein Vorteil sein wie in diesem reparierten Bonsai Gefäß, dessen Perfektion zerstört und repariert wurde, um ein Beispiel für Wabi Sabi zu werden...
Feuerholz.
Wir verbrennen es normaler Weise, es hält uns warm, aber manchmal kann eine Schönheit darin gefunden werden...!
Wie ein Stein in der Natur gefunden wertlos erschein, wird er ein wertvoller Zeitzeuge und Charakter wenn er auf einen Sockel gestellt wird!
Vergleich westlicher und asiatischer Gestaltungsansätze
Fazit
Nach der Untersuchung des Themas Wabi Sabi können wir folgendes feststellen:
Es kann die emotionale, haptische und optische Qualität eines Gegenstandes, Baumes oder Bonsai sowie Dingen in anderen Bereichen unseres Lebens steigern wenn wir deren Unregelmäßigkeit, Unperfektion und einer nicht der Norm entsprechenden Form steigern, wenn wir deren vermutlichen Fehler anerkennen und sogar als Qualität werten!
Nach dem Bonsai Master und Urgestein Walter Pall können wir einen vermeintlichen Fehler noch steigern und akzentuieren oder erhöhen somit seinen optischen Wert. Ähnlich dem Muttermal vom Supermodel Cindy Crawford, dessen Existenz zuerst von der Branche abgelehnt wurde, später jedoch ein wesentliches Merkmal und Zeichen von Charakter wurde...
Anders als der westlichen Normen entsprechend, finden wir in der asiatischen Ästhetik den Sinnen ansprechende Qualitäten.
Keiner und Nichts ist perfekt, darum kommt es nur auf unseren eigenen Standpunkt an aus dem wir etwas bewerten. Darum sollten wir flexibel sein, akzeptieren und im hier und jetzt sein, denn morgen ist schnell gestern und die Zeit vergeht schnell...
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